Geldern,

Bei "Rescue Days" den Ernstfall geprobt

Drei Tage lang war Geldern Zentrum für 800 Feuerwehrleute und Rettungskräfte aus der ganzen Welt. Sie übten vor allem die Bergung aus Unfallautos. Gestern stand ein Massenunfall auf dem Plan. Ein RP-Mitarbeiter spielte Opfer.

Bei dem inszenierten Busunglück spielten Freiwillige die „Verletzten“.

Es passiert scheinbar immer, wenn man nicht daran denkt. Eigentlich war ich mit meiner Schulklasse an unserem freien Tag auf dem Weg zum Irrland in Twisteden. Doch Paul, unser Busfahrer, hatte plötzlich aufgeschrien und das Lenkrad verrissen. Ich erinnere mich an einen lauten, berstender Knall und das Chaos, als ich wieder zu mir kam.

Meine ersten Eindrücke waren fragmenthaft. Steffen schrie, aber ich bekam es nur undeutlich mit. Monika hielt sich ihre aufgeplatzte Stirn. Judith, die als zusätzliche Betreuungslehrerin an diesem Tag mitgekommen war, lief Blut aus dem Mund, sie war panisch. Ich saß hinten im Bus und mein Blick fiel auf Erich. Dieser hatte noch kurz zuvor lebhaft mit mir über den Hinweg geredet, nun bewegte er sich nicht mehr. Leblos, sein Kopf in einem Winkel abgeknickt, einem unnatürlichen Winkel. Ich wollte zu ihm hinübergreifen, da durchzuckt meinen rechten Unterarm ein stechender Schmerz. Er ist gebrochen.

So lautete meine Aufgabe bei der von der DLRG Ortsgruppe Geldern-Walbeck zusammen mit dem DLRG Goch sowie dem DRK Goch organisierten Vorführung des "Rescue Training Bus". Dabei lieferten die anderen vermeintlich Leicht- bis Schwerverletzten und ich nicht nur den zahlreichen staunenden Besuchern eine gute Show, sondern, was auch viel wichtiger war, den Rettungskräften das akkurate Gefühl eines vermeintlichen Großeinsatzes. Eines "MANV", eines "Massenanfalls von Verletzten", wie es bei den professionellen Lebensrettern heißt, die schon nach kurzer Zeit den Bus betraten. Schnell registrieren sie, dass Erich, der Dummy, nicht mehr zu retten war. Zügig, aber genau kategorisieren die Ersthelfer die Verwundeten in die Kategorien grün, gelb und rot. Von leicht bis schwer verletzt. Daneben gab es noch eine blaue Kategorie für all jene, die nicht mehr zu retten waren und eine schwarze – für bereits Verstorbene wie Erich.

27 Personen: Schüler, Lehrer und Busfahrer mussten aus dem Bus geborgen werden. Die aus Wien oder auch Belgien stammenden Retter kümmerten sich um die Opfer, während auf weitere Verstärkung gewartet wurde. Die Schwerverletzten wurden abtransportiert, die anderen beruhigt und auf weitere Behandlungen vorbereitet. Mein ganz persönlicher Retter hieß Mirko Schleuter und kam aus Kranenburg. Als mir vermeintlich schwarz vor Augen wurde, umsorgte er mich, bis sich der Schwindelanfall wieder gelegt hatte. "Können Sie mich sehen, ist alles in Ordnung?", fragte er. "Ziehen Sie ihre Knie an und bleiben Sie ruhig liegen!" Manchmal auch mit Nachdruck, wenn ich nach meinen teils schreienden oder weinenden "Schülern" schauen wollte. "Jetzt geht es um Sie, um ihre Gesundheit, bleiben Sie ruhig liegen!"

Etwa eine halbe Stunde dauerte das Rettungs-Szenario, welches von zahlreichen Passanten beobachtet wurde. Mehrere kleine Kinder fingen sogar durch die realistische Darstellung an zu weinen. Und während ich nahe der Besucher-Absperrung in den Himmel starrte, schaute ein kleines Mädchen besorgt auf mich hinunter. Ich zwinkerte ihr kurz zu, was sie erleichtert schmunzeln ließ. "Alles ok, wir proben hier nur für den Ernstfall!"

Text: Christoph Kellerbach (RP)

Quelle: www.rp-online.de

Link: Geldern: Bei "Rescue Days" den Ernstfall geprobt (RP ONLINE, 07.10.2013)


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